Alle unter FOAM verschlagworteten Beiträge

Das Handover

Egal ob im Schockraum, auf Intensiv oder im Notarztdienst – immer kommt es dazu, dass wir Patienten an die nächste Stelle übergeben und damit auch unser Wissen über die jeweiligen Personen mit dem Ziel eine Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten – man selbst ist ja nur ein Puzzle-Teil auf dem Weg. Das Handover Präklinik/Klinik ist dabei besonders heikel, weil viele Infos in weiterer Folge nicht mehr nachvollziehbar sind, wenn der Patient einmal im Krankenhaus ist. Doch wer kennt es nicht – die Übergabe ist zu lang, zu kurz oder voller unnötiger Infos, etc.Was macht eine „gute“ Übergabe aus, was benötigt man dafür und was sind unsere Ziele? Es geht dabei nicht nur um Schemata, sondern vor allem um die Schaffung von Bewusstsein, wie wichtig Handover sind, das Bereitstellen von Wissen zu dem Thema und Ideen wie man es anwenden und verbessern kann. Wir schauen uns dieses unbeliebte, jedoch immens wichtige Thema an. Die klinische Übergabe Sie ist die auf einen Punkt reduzierte Wahrheit, weshalb auch zwangsläufig ein Informationsverlust passiert und sie hängt sehr vom Ort …

Die TXA-Falle

Nach wie vor ist gibt es laufend Diskussionen um die Gabe von Tranexamsäure (TXA) in der Notfallmedizin, nämlich ob man TXA beim Trauma hätte geben sollen oder nicht, wieviel davon, ob auch beim SHT oder nur beim Polytrauma, etc. Die vielen Meinungen ergeben in Summe einen Stellungskampf von teilweise Befürworter*innen, teilweise Gegner*innen. Auch wenn sich dieses Argument vermutlich nicht endgültig klären lässt, wollen wir uns hier noch einmal näher mit dem Thema auseinandersetzen und vielleicht ein paar Denkfehler dabei begutachten. Was ist Tranexamsäure und woher kommt sie? TXA ist eine synthetisch hergestellte Substanz, die der Aminosäure Lysin sehr ähnlich ist (strukturell auch GABA). Sie zählt hauptsächlich als Antifibrinolytikum, weil sie kompetitiv an der Lysin-Bindungsstelle von Plasminogen andockt und somit verhindert, dass Plasmin (Plasminogen + tissue Plasminogen Activator (tPA)) Fibrin zu „Fibrin Degradation Products“ (FDPs) zerlegt (klinkt kompliziert, siehe Abbildung). Jedes Plasminogenmolekül hat bis zu 5 solcher Bindungsstellen, wobei eine davon hohe Affinität zu TXA besitzt, die anderen eine geringere. Damit bleibt ein Clot stabiler (unter Annahme, dass alle übrigen Komponenten für eine funktionierende Gerinnung vorhanden …

Fallbeispiel: Unklares Schockgeschehen

Dezember 2016 Es ist 04:30 Uhr morgens als uns (4 Besatzungsmitglieder) der Notruf weckt. Wir werden zu einer Wohnung gerufen, in der ein 23a alter Mann laut Mutter schwer erweckbar ist, seit 3 Tagen bereits schläft und „etwas genommen haben soll“. Zu dieser Uhrzeit fällt es zugegebenermaßen nicht gerade leicht, das als schwerwiegend zu finden, da auch ich um 4:30 Uhr üblicherweise schwer erweckbar bin. Nichts desto trotz machen wir uns auf den Weg und erreichen kurz darauf den Einsatzort, eine kleine Wohnung im Hochparterre, leicht erreichbar und keine Gefahrensituation auszumachen. Ein RTW ist bereits vor Ort, hat begonnen die Vitalparameter zu checken und übergibt uns das. Der erste Eindruck ist alles andere als beruhigend:  ein junger Mann, nur mit Boxershorts bekleidet in einem großen Bett liegend, das von 2 Seiten her zugänglich ist, somnolent und unruhig, sobald man Kontakt mit ihm aufnehmen will und zeigt ein blass-grau-marmoriertes Hautkolorit – also blickdiagnostisch OMG+! Die Überlastungsphase ist angekommen, denn gleichzeitig wird das Monitoring angeordnet, ein i.v. Zugang gelegt, Sauerstoffverabreicht und ich beginne von der Anwesenden – deutlich besorgten – …

Der TAP-Block

Regionalanästhesien werden oftmals mit Operationen im Bereich der Extremitätenchirurgie, teilweise noch mit Eingriffen im Uro- oder Gyn-OP in Verbindung gebracht. Dass aber Regionalanästhesien auch bei schwerkranken PatientInnen bei Eingriffen an der Bauchwand möglich sind, zeigt das folgende Fallbeispiel.

Warum hilft Insulin bei Kalziumkanalblocker-Intoxikation?Pathophysiologische Grundlagen.

Im letzten Beitrag wurde über eine Expertenkonsensus-Empfehlung zu Kalziumkanalblocker-Intoxikation geschrieben. Unter anderem wurde darin auch eine hochdosierte Insulintherapie empfohlen. Zwar nur eine Grad D Empfehlung aber immerhin. Aber wieso soll Insulin dabei überhaupt helfen!? Es dreht sich anscheinend vieles um den L-Typ Kalziumkanal (aka Dihydropyridin-Rezeptor). Bei einer direkten Blockade dieses Kanals durch die Kalziumkanalblocker kommt es im Myokard zu einer Verminderung der Inotropie, Dromotropie und Chronotropie an der glatten Muskulatur zu einem Absinken des Gefäßtonus. an den β-Zellen des Pankreas zu einer verminderten Insulinausschüttung und beeinträchtigt somit die Glukoseaufnahme. Hypoinsulinaemia and insulin resistance could be cornerstones in the pathophysiology of CCB cardiovascular toxicity, beside the direct effect of calcium channel blockade. Dies bedingt bei schweren Intoxikationen mit Kalziumkanalblockern eine Bradykardie, Weiterleitungsstörungen, eine periphere Vasodilatation und Hyperglykämie. Unter normalen (stressfreien) Bedingungen werden vom Myokard freie Fettsäuren als Energiesubstrat verwendet. Kommt es jedoch zu einer schweren Beeinträchtigung der Hämodynamik, steigt die Myokardzelle auf Glukose als Energielieferant um. Dies wird aber durch schlechte Perfusion und Hypinsulinämie verhindert. Der Mangel an Brennstoff und Energiespeichern verschlechtert den kardiovaskulären Zustand weiter (der ja bereits durch die …

Das SBAR Konzept

Unlängst hab ich das SBAR Konzept den Kollegen an der Uni-Klinik Graz vorgestellt und darf jetzt auch mein diesbezüglich erarbeitetes Wissen an die zahlreichen FOAMina-Leser weitergeben. Herzlichen Dank ! Also es geht um das SBAR Konzept. Ein nicht unwesentliches TOP Thema in der Anästhesie! Wir sind uns alle sicherlich einig dass wir in einem Hochrisikobereich arbeiten, in dem ständige Aufmerksamkeit und unabdingbare Kompetenz gefordert wird, wir diesen Anforderungen aufgrund von „Human factors“ wie Übermüdung. Stress, hoher Arbeitsbelastung und personellem sowie wirtschaftlichem Druck (kurze Schnitt-Naht Zeiten, überlappendes Auflegen etc.) nicht immer gerecht werden können und somit Fehler „passieren“. Einer der Hauptgründe für „Fehler“ in der Medizin sind schlechte und unzureichende Kommunikation sowie ständige Störfaktoren wie – ihr werdet es alle aus eurem Arbeitsalltag kennen – Ablenkungen jeglicher Art: Telefon läutet, Geräuschpegel, Zeitdruck etc. Hinter dem SBAR Konzept steht nun ein koordiniertes, standardisiertes Übergabeprotokoll mit „Leitstrukturen“ für eine bestmögliche Patientenübergabe. Egal ob von Arzt zu Pflegepersonal oder Arzt zu Arzt! Dieses System lässt sich individuell an die Gegebenheiten des Hauses anpassen und soll einen sicheren Leitfaden für den …

Gastbeitrag „Atemnot in der Gemeinschaftsdusche“

Wir freuen uns, unseren 1. Gastbeitrag sowie das 1. Fallbeispiel eines spannenden präklinischen Einsatzes auf FOAMina präsentieren zu können. Kostja Steiner, der Autor dieses Beitrages, ist Anästhesist am LKH Graz Süd-West, Standort West und Notarzt.   Beim Einsteigen in´s NEF zaubert die Einsatzmeldung am Display ein durchaus unangebracht süffisantes Lächeln auf mein Gesicht. „Atemnot in der Gemeinschaftsdusche, Pat. Männlich ca. 30a“.   Mal ganz ehrlich, währe es Ihnen anders gegangen?   Die Anfahrt dauert etwa 6 Minuten und schon belehrt uns die Wirklichkeit eines Besseren. In einer maximal engen „Gemeinschaftsdusche gibt es am Gang“-Wohnsituation liegt ein Patient krampfend am Boden. Nicht wirklich positiv für den Patienten spricht das aschfahl-/bläuliche Hautkolorit. Aber auch das reime ich mir erst im Nachhinein zusammen.   Minute 0 Patient, ca 30a liegt krampfend am Boden (man hört die Zähne knirschen). 2 weitere Männer befinden sich im Raum von denen einer nur „Der stirbt“ abwechselnd mit „Aaaaahhhhhh“ von sich gibt und der andere sehr hilfsbereit die Wände der Dusche aushängt um zumindest ein wenig Platz zu schaffen.   Mein erster Gedanke: „ …

Wer kennt Peter Pronovost?

Ich nicht, zumindest nicht bist heute. Ein Kollege hat mich auf einen Fehler von mir aufmerksam gemacht und mir als Begründung den Namen Pronovost gesteckt. Beim Nachlesen und Recherchieren war ich sofort ziemlich fasziniert. Peter Pronovost ist ein amerikanischer Anästhesist und Notfallmediziner an der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore der sich, kurz zusammengefasst, damit beschäftigt, das Gesundheitssystem und Krankenhäuser sicherer für PatientInnen zu machen. 2001 begann er nosokomiale Infektionen zu beobachten und schloss daraus, dass eine simple 5-Punkte-Checkliste die Cava-Kathether-Infektionen massiv sinken lassen könnte: Hände mit Seife waschen Haut der PatientInnen desinfizieren Sterile Abdeckungen über den/ die gesamte Patienten/in legen Sterile Maske, Haube, Mantel und Handschuhe anziehen Sterilen Verband/ Pflaster über das Katheter-Gebiet kleben In seiner „Keystone Initiative“ konnten 2003 in 108 Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen in Michigan die Infektionsraten auf typischen ICUs von 2,7/ 1000 PatientInnen auf 0 bzw. die Katheter-assoziierten Infektionen um 66% gesenkt werden, die Ergebnisse wurden 2006 sogar im New England Journal of Medicine publiziert. In den ersten 18 Monaten dieser Initiative konnten unglaubliche 1500 Leben gerettet und 100 Mio. $ gespart …

Vortrag Neue Medien …

Hier eine kleine Zusammenfassung meines Vortrages von Samstag am AGN-Kongress: Über die Entstehung von FOAM, die Vor- und Nachteile sowie ein paar Links zu den wichtigsten Blogs für mich.   Wir kennen alle die Probleme von klassischer Präsenzlehre wie Vorträgen, Seminaren oder ähnlichem: Wir sind nicht immer gleich gut aufnahmefähig, müde nach Nachtdiensten, haben keine Zeit neben Berufsleben und Familie. Außerdem ist in manchen Fällen die Qualität fragwürdig oder für uns unbefriedigend und für unseren aktuellen Wissensstand inadäquat. Seit ca. 2012 hat sich über das Internet eine Alternative zu klassischen Fortbildungsmöglichkeiten entwickelt: FOAM. Sei es über klassische Social-Media Kanäle wie FB oder Twitter, sei es direkt über Blogs: Der Name ist Programm. FOAM ist grundsätzlich einmal „Much more than educational social Media“. Es ist inzwischen eine gigantische unabhängige Ressource mit Blogs, Podcasts, Tweets, Videos, Hangouts, Grafiken, eigenen Apps etc. Nicht nur zu notfall-, intensivmedizinischen und anästhesiologischen Themen, aber diese Bereiche stellen den Ursprung und immer noch den größten Teil von FOAM dar. FOAM ist ein Werkzeug zum lebenslangen Lernen und inzwischen sogar eine sehr aktive …