Eine präklinische Narkoseeinleitung ist selten, risikobehaftet und die Umstände sind oft meist alles andere als optimal. Manche behaupten ja, eine Rapid Sequence Induction sei gefährlicher als BASE jumping. Dennoch erwartet man von einem Notarzt, dass er eine Narkose durchführen und Komplikationen beherrschen kann.
Eine Arbeitsgruppe des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Notfallmedizin der DGAI publizierte dieses Jahr eine Handlungsempfehlung zu diesem Thema:
Hier die zentralen Handlungsempfehlungen:
- kritische Überprüfung der Indikationsstellung
- standardisierte Vorbereitung (s.u.)
- Standardmonitoring
(EKG, automatische Blutdruckmessung, SpO2, Kapnographie) - Präoxygenierung
- 3-4 min 12-15 l O2/min mit dichtsitzender Maske + Reservoir oder
- NIV/CPAP
- 2 venöse Zugänge
- Rapid Sequence Induction (evtl. mit Aufhebung der HWS-Immobilisation)
- Kapnographie muss bei jedem Patienten zur Anwendung kommen
Indikationen | |
akute respiratorische Insuffizienz | (Hypoxie und/oder Atemfrequenz <6 oder > 29/min) +
Kontraindikationen gegen NIV bzw. Versagen dieser |
Bewusstlosigkeit/neurologisches Defizit mit Aspirationsgefahr | Ausnahme: rasch reversible Ursachen wie Hypoglykämie oder Zustandsbilder bei denen der GCS nicht mit dem Ausmaß der Reduktion der Schutzreflexe korreliert (Stichwort Schlaganfall) |
Polytrauma/schweres Trauma mit |
|
Ziele |
Amnesie |
Anxiolyse |
Stressabschirmung |
Hypnose |
Schmerztherapie |
Schaffung einer Möglichkeit einer effektiven Atemwegssicherung (Sicherung der Oxygenierung, Ventilation und Aspirationsschutz) |
Reduktion des O2-Verbrauchs |
Protektion vitaler Organsysteme und Vermeidung sekundärer myokardialer und zerebraler Schäden |
Standardisierte Vorbereitung des Equipments |
Narkose- und Notfallmedikamente aufziehen und Spritze mit Wirkstoff etikettieren |
Beatmungsbeutel mit Reservoir oder Demand-Ventil und patientengerechter Maske |
Patientengerechter Endotrachealtubis mit aufgesetzter Blockerspritze und einliegendem Führungsstab, Tubusfixation, Stethoskop |
alternativen Atemweg bereitlegen |
Absauger, Beatmungsgerät und Kapnographie auf Vollständigkeit und Funktion checken |
Durchführung einer Notfallnarkose |
1. Kritische Indikationsstellung (Nutzen-Risiko-Abwägung) |
2. Kommunikation der Indikation einer Notfallnarkose an alle Teammitglieder |
3. Optimierung der Umgebungsbedingungen (Kopfpolster, Verbringen in RTW, 360° Zugang) |
4. sofortiger Beginn der Präoxygenierung beim spontanatmenden Patienten |
5. Vorbereitung der Medikamente und des Equipments zur Atemwegssicherung |
6. Monitoring (EKG, SpO2, Kapno, automat. RR-Messung) |
7. Zwei sichere i.v.-Zugänge (wenn geht mit tropfender Infusion) |
8. RSI -ggf. HWS Immobiliserung Aufheben und manuelle Inline-Stabilisation beginnen -Ansage der Notfallmedikamente (Wirkstoff, Dosierung) und Applikation -Abwarten von Bewusstseinsverlust unf Relaxanzienwirkung -Atemwegssicherung ohne Zwischenbeatmung (bei normoxämen Patienten) -Kontrolle der Tubuslage (Kapnographie, Auskulatation, Einführungstiefe) -ggf. HWS-Immbolisationsschiene wieder anlegen |
9. kontinuierliches Monitoring (Beatmungsgeräteinstellung, Kapno!) |
10. Narkoseaufrechterhaltung und Überwachung |
11. Erkennen und Behandeln von Vitalfunktionsstörungen |
12. ggf. Management von Komplikationen |
Die Abb. 1 der Originalpublikation fasst das Vorgehen sehr anschaulich zusammen.
Was macht nun eine prähospitale Narkoseeinleitung so herausfordernd?
Patientenbezogenen Faktoren:
Notfallpatienten werden generell als nicht-nüchtern angesehen, weshalb eine RSI empfohlen wird. Zusätzlich kommt hinzu, dass Verletzungen der Atemwege oder eine HWS-Immobilisation die Sicherung der Atemwege erschweren können. Weiters kann bei schwerverletzten bzw. schwerkranken Patienten die Gefäßpunktion ebenfalls Probleme bereiten. Ein intraossärer Zugang kann hier angedacht werden.
Einsatzbezogene Faktoren:
Patienten können eingeklemmt oder schwer zugänglich sein. Es wird empfohlen, die Rettung mit erhaltener Spontanatmung unter Analgosedierung zu versuchen. Natürlich herrscht auch ein immenser Zeitdruck bei nur begrenzt vorhandenem Equipment.
In diesen Empfehlungen werden weiters noch Medikamente, Management von Komplikationen und Narkosekonzepte besprochen – lesenswert!
Literatur:
- Handlungsempfehlung zur prähospitalen Notfallnarkose beim Erwachsenen
Arbeitsgruppe „Prähospitale Notfallnarkose“ des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Pingback: Lagerung bei Rapid Sequence Induction | FOAMina
Pingback: Fallbeispiel: Unklares Schockgeschehen | FOAMina
Pingback: Hirndruck : Ketamin : ICP | FOAMina
Pingback: Atemwegsmanagement bei Traumapatienten | FOAMina
Pingback: Führungsstäbe: Basics, Tipps & darüber hinaus | FOAMina