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STEMI bei Linksschenkelblock – Sgarbossa Kriterien

Oft wird gesagt, dass man einen STEMI bei vorhandenen LSB (Linksschenkelblock) nicht diagnostizieren kann – aber stimmt das? Und ist jeder LSB ein STEMI? Sicher kann die Ischämiediagnose bei Patienten mit Linksschenkelblock mitunter Schwierigkeiten bereiten – unmöglich muss sie aber nicht sein. Je nach Ableitung kann die ST-Hebung durch den LSB-bedingte ST-Senkung aufgehoben oder eine ST-Hebung durch den LSB überlagert sein. In den Anfang September 2017 erschienen STEMI Guidelines des ESC wurden EKG Muster angeführt, die mit einer akuten Ischämie einhergehen und eine primäre PCI erfordern – unter anderem einen akuten Infarkt bei LSB. (1) Dazu meinen sie: 

Patients with a clinical suspicion of ongoing myocardial ischaemia and LBBB should be managed in a way similar to STEMI patients, regardless of whether the LBBB is previously known. It is important to remark that the presence of a (presumed) new LBBB does not predict an MI per se.

Wie schaut nun ein STEMI -Äquivalent bei LSB aus? Hier kommen die Sgarbossakriterien (4) ins Spiel: ein normaler LSB hat diskordante ST-Segmente und T-Wellen („Rule of appropriate discordance“ -siehe Abbildung 1)

Abbildung 1

Abb. 1: http://www.ems12lead.com

Bei den Sgarbossakriteren sind die ST-Segmente konkordant (Sgarbossa A und B) (Abbildung 2) bzw. extrem diskordant (C bzw. modifiziert nach Smith).  

Abb. 2: Sgarbossa Kriterien A, B und C,  Konkordante Hebungen bei LSB (Sgarbossa A links, 5 Punkte und Sgarbossa B: Mitte, 3 Punkte) Exzessive ST-Diskordanz bei Sgarbossa C (rechts, besser ist allerdings die modifzierte Version nach Smith)

    Definitionen: 

  • Sgarbossa A: konkordante ST-Segment Elevation > 1 mm in zumindest einer Ableitung (5 Punkte) 

oder

  • Sgarbossa B: konkordante ST-Segment Depression von mindestens 1 mm in Ableitung V1, V2 oder V3 (3 Punkte)

    oder

  • Sgarbossa C: ST Elevation ≥5 mm in einer Ableitung mit negativem (diskordantem) QRS Komplex. (2 Punkte) 


Dies ergibt bei ≥ 3 Punkten eine Sensitivität von 78% und eine Spezifität von 90%. 

Interessant auch hierzu ein Zitat aus der Originalpublikation (4): 

It should be noted that the sensitivity of each individual electrocardiographic criterion in our study is also low but is similar to the sensitivity of ST-segment changes in patients with normal intraventricular conduction. Our purpose was to improve the identification of patients with acute infarction, because they may benefit from thrombolytic therapy; to this end, a high specificity (rather than a high sensitivity) is required.

Ein wenig sensitiver ist das modifiziertes Sgarbossakriterium nach Smith (3):  Ist die ST- Hebung in einer Ableitung ≥ 25% verglichen mit der S-Welle davor (ausgegangen von der Grundlinie), dann handelt es sich ebenfalls um ein STEMI-Äquivalent . Klingt kompliziert aber einfach Abbildung anschauen: 

Modified-Sgarbossa-c-from-mattu-645x406

Abb.: 3: modifizierte Version nach Smith, Berechnung vom ST / S-Verhältnis bei Diskordanz der ST-Strecke. ST-Segment wird am J-Punkt gemessen, aus (2)

(Nicht anwendbar bei extremer Tachykardie, Lungenödem, Hypertonie – diese Patienten haben aber sowieso eine niedrige Schwelle für eine Herzkatheteralarmierung). 

Bildschirmfoto 2017-10-27 um 13.33.15

propagierter Algorithmus aus (2). AMI= acute myocardial infarction, LBBB = left bundle branch block


FOAM-Links: 

Literatur:

  1. 2017 ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation: The Task Force for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation of the European Society of Cardiology (ESC)
  2. Cai, et al. The left bundle-branch block puzzle in the 2013 ST-elevation myocardial infarction guideline: From falsely declaring emergency to denying reperfusion in a high-risk population. Are the Sgarbossa Criteria ready for prime time? Am Heart J. 09/2013; 166(3):409-13. 

  3. Smith SW, et al.Diagnosis of ST-Elevation Myocardial Infarction in the Presence of Left Bundle Branch Block With the ST-Elevation to S-Wave Ratio in a Modified Sgarbossa Rule, Annals of Emergency Medicine 60 (6): 766–776.

  4. Sgarbossa EB et al., Electrocardiographic diagnosis of evolving acute myocardial infarction in the presence of left bundle-branch block. GUSTO-1 (Global Utilization of Streptokinase and Tissue Plasminogen Activator for Occluded Coronary Arteries) Investigators. N Engl J Med. 1996 Feb 22;334(8):481-7.

Abbildungen 2 und 3:

  • Cai, et al. The left bundle-branch block puzzle in the 2013 ST-elevation myocardial infarction guideline: From falsely declaring emergency to denying reperfusion in a high-risk population. Are the Sgarbossa Criteria ready for prime time? Am Heart J. 09/2013; 166(3):409-13.

 

7 Kommentare

  1. Pingback: ESC STEMI Guidelines 2017 – Was ist neu, was ist geblieben? | FOAMina

  2. Jonas sagt

    Ich glaube hier hat sich eine kleiner Fehler eingeschlichen.
    Im Text ist die Rede davon, dass eine ST- Hebung/-Senkung ≥ 25% gegenüber S als postives Kriterium zu werten ist (wie im Beispiel), jedoch ist in dem Algorhithmus von ≤ 0,25 die Rede, was der Angabe im Text widersprechen würde (denn somit wären ja 0,2 oder 20% ST-Veränderung ein positives Kriterium). Es fehlt das Minus (also ≤ -0,25), wie im Orginaltext. Denn eine ST/T Ratio von bsp. -0,4 ist ein positves Kriterium, da es weniger (also <) als -0,25 ist.
    (Siehe Figure 3, Cai et al)

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  3. Hallo Jonas!
    Vielen Dank für deine Nachricht und du hast natürlich recht. Habs ausgebessert. Schön, dass du so genau liest! Post Publication Peer-Review funktioniert 😉

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  4. Robert sagt

    Lieber Flo, has du zufällig einen link vo man diese Muster EKGs von ESC man findet?

    Danke Robert

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