Hier eine kleine Zusammenfassung meines Vortrages von
Samstag am AGN-Kongress: Über die Entstehung von FOAM, die Vor- und Nachteile sowie ein paar Links zu den wichtigsten Blogs für mich.
Wir kennen alle die Probleme von klassischer Präsenzlehre wie Vorträgen, Seminaren oder ähnlichem: Wir sind nicht immer gleich gut aufnahmefähig, müde nach Nachtdiensten, haben keine Zeit neben Berufsleben und Familie. Außerdem ist in manchen Fällen die Qualität fragwürdig oder für uns unbefriedigend und für unseren aktuellen Wissensstand inadäquat.
Seit ca. 2012 hat sich über das Internet eine Alternative zu klassischen Fortbildungsmöglichkeiten entwickelt: FOAM. Sei es über klassische Social-Media Kanäle wie FB oder Twitter, sei es direkt über Blogs: Der Name ist Programm.
FOAM ist grundsätzlich einmal „Much more than educational social Media“. Es ist inzwischen eine gigantische unabhängige Ressource mit Blogs, Podcasts, Tweets, Videos, Hangouts, Grafiken, eigenen Apps etc. Nicht nur zu notfall-, intensivmedizinischen und anästhesiologischen Themen, aber diese Bereiche stellen den Ursprung und immer noch den größten Teil von FOAM dar.
FOAM ist ein Werkzeug zum lebenslangen Lernen und inzwischen sogar eine sehr aktive Gemeinschaft mit eigenen Kongressen und eigenen Stars.
Die Idee dahinter: Hochqualitative medizinische Weiterbildung frei für jeden, ein Ethos von Teilen und Zusammenarbeiten wird hochgehalten. Eine sehr alte Zugangsweise, die mir auf einer philosophisch-pädagogischen Ebene sehr wichtig ist und die ja auch schon im Hippokratischen Eid Eingang gefunden hat: Freie Aus- und Fortbildung für die medizinisch Tätigen.
Was sind die bekanntesten Homepages und Blogs in diesem Bereich? LITFL und EMCRIT zählen zu den ersten Blogs mit den größten Communitys. Sie beschäftigen sich mit Notfallmedizin in ihrer gesamten Bandbreite – so bietet LITFL mit seinem Star Chris Nickson eine Tox- und eine ECG-Library, Podcasts mit Titeln wie „Crack the Chest, get crucified“ zum Thema Thorakotomien oder Serien wie den „Funtabulously Frivolous Friday“ mit interessantem Hintergrundwissen oder „Research an Review in the fast Lane“ mit aktuellen Papers und Studien.
EMCRIT ist die Seite des New Yorker „ED-Intensivist“ -wie er sich selbst bezeichnet- Scott Weingart. Er will komplexe intensivmedizinische Konzepte „ans Bett“ bringen, maximal invasive Therapiekonzepte besprechen wie zB die REBOA, aber er beschäftigt sich auch mit Konzepten um das Arbeiten unter Stress zu verbessern.
Weitere für mich wichtige Blogs: resus.me, smacc.net.au, ultrasoundpodcast.com und intensivecarenetwork.com
Was sind also die Vorteile von neuen Medien in der Ausbildung im Allgemeinen und FOAM im Speziellen?
- Asynchrones Lernen: Unter dem Begriff des asynchronen Lernens werden Lernprozesse zusammengefasst, bei denen die Kommunikation und Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden zeitlich versetzt stattfindet
- Selbstständiges Lernen, jederzeit, egal wo, unabhängig von Nachtschichten, Wissensfortschritt und Verständnis gewisser Themen. Volle Terminkalender? Lernen am Abend, am Wochenende, in Ruhephasen im Dienst!
- Zusatz und Ergänzung zum Lehrbuch, Journal, Präsenzlehre
- Ermöglichen Flipped Classrooms, also die zeitversetzte Vorbereitung der Grundlagen zuhause mithilfe von Videos, Blogs etc. Wiederholung, Vertiefung oder Anwendung finden mit dem oder derLehrendem in einer Präsenzeinheit statt.
Was sind die Herausforderungen von FOAM?
Die am öftesten kritisierten Probleme sind die Vertrauenswürdigkeit, die angeblich fehlende Peer review, die Konzentration auf sogenannnte sexy Topics sowie die Infoüberladung durch die schiere Masse an Informationen und Informationsmöglichkeiten.
Hier sei nur kurz erwidert: Große Blogs mit 1000 UserInnen haben eine sehr schnelle und unmittelbare Form der Review, ähnlich der Wikipedia. Fehler werden sehr schnell entdeckt und Verbessert. Aber natürlich gilt, wie im echten Leben: Zuerst muss man Quellen prüfen, bevor man Wissen übernimmt.
Treten also FOAM und Journals in Konkurrenz zueinander?
Dezidiert nicht: Sie ergänzen sich mehr als dass sie konkurrieren. FOAM promoted spannende Artikel, stellt deren Inhalte im Ganzen oder kleinen „Häppchen“ online und zur Diskussion, bringt sie so auch Leuten näher, die keine Möglichkeit haben, teure Journals regelmäßig zu lesen und bietet gleichzeitig auch KlinikerInnen, ForscherInnen etc. eine Basis zur Veröffentlich von Fällen, Studien oder Ähnlichen, die es aufgrund von negativen Ergebnissen oder Randthemen nie in ein Journal geschafft hätten.
Wie sieht die Situation beim Spannungsverhältnis FOAM zu Fachbüchern aus?
Monolithische Lehrbücher, unlesbare Texte, die schon veraltet sind vor der Veröffentlichung, mit Inhalten, die vom Herausgeber vorgegeben und gefiltert werden, die nicht LernerInnen-zentriert sind sollten Geschichte sein. Aber: Gute Fachbücher mit Grundlagen stellen eine Basis dar, gegen die FOAM nicht konkurrieren kann. FOAM funktioniert nur, wenn eine gewisse Basis vorhanden ist.