oder:
„Is quantity any substitute for quality?“
Das neue Arbeitszeitgesetz sieht vor, dass Ärzte ab 2021 durchschnittlich 48 Stunden pro Woche arbeiten, eine Opt-Out Möglichkeit ist ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr vorgesehen.
Aber können Ärzte in einer 48-Stunden-Woche gut genug ausgebildet werden? Hierzu hilft vielleicht ein Blick auf unsere Kollegen auf der Insel. Im Jahre 2009 mussten sich Mediziner in Großbritanien einer ähnlichen Herausforderung stellen.
In diesem Artikel wird eine Pro – Con Debatte über eine Verkürzung der Arbeitszeit in Hinblick auf die Qualität der Ausbildung (und somit schlussendlich Qualität der Patientenversorgung) geführt.
Pro:
In einem Review („time for training“) aus dem Jahr 2010 kommt Professor Sir John Temple (britischer Chirurg und ehemaliger Vorsitzender des Royal College of Surgeons of Edinburgh) zu dem Schluss, dass hochqualitative Ausbildung in einer 48-Stunden-Woche stattfinden kann, allerdings gibt es gewisse Hindernisse wie schlechte Supervision, limitierten Zugang zu Lernmöglichkeiten (begrenzte Patientenzahlen für bestimmte Prozeduren, begrenzte Zahl an Ausbildnern aber auch begrenzte Plätze zB in Skill-Centers) und dem Umstand, dass die meisten Auszubildenden auch eine große Rolle außerhalb der Routinearbeitszeiten – sprich in den Diensten – spielen, zu Zeiten also, wo eine strukturierte Ausbildung nur schwer realisierbar ist (weniger Routineprogramm, schlechtere Besetzung und zu nachtschlafender Stunde natürlich auch weniger Motivation auf beiden Seiten).
Weiters argumentiert er, dass diese neuen Regulierungen ein Katalysator sein kann um die Ausbildung neu zu gestalten:
„The traditional model of experiential learning, where trainees spend long periods delivering service and acquiring skills and knowledge should be replaced by a consultant delivered service and high quality training within a service environment with appropriate supervision.“
Ein weiteres Review aus dem Jahr 2012 des General Medical Council (GMC) kam zu dem Schluss, dass kürzere Arbeitszeiten entweder keinen oder einen vorteilhaften Effekt auf Ausbildung und Patientenversorgung haben. Negative Haltung gegenüber den Reglementierungen kamen eher von älteren Ärzten, unter den Auszubildenden kam es zu einer Steigerung der Zufriedenheit (unabhängig der Fachrichtung).
Laut den Autoren gibt es speziell in der Anästhesie keinen Hinweis darauf, dass es zu einer Reduktion an Fallzahlen oder Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten gekommen ist. Die Erfolgsquoten der Facharztprüfungen blieben ebenfalls stabil, die Anzahl and Krankenstände sank.
In Norwegen kam es bereits in den 1980ern zu einer Arbeitszeitreglementierung, mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Stunden in der Woche und einer Facharztausbildungszeit zwischen 5 und 7 Jahren.
„More supervision and lower workload related to routine treatment were identified as factors that reduced the time to attain a specialist qualification.“
Die Autoren meinen, es sei besser, weniger Eingriffe gut und unter Supervision zu machen, als viele alleine und ohne (Supervision).
Con:
Dieser Autor argumentiert, dass die Anforderung an einen Anästhesisten zu unterscheiden ist von den Anforderungen an einen Allgemeinmediziner. Das bedeutet auch, dass die Ausbildung innerhalb der Fachdisziplinen verschieden sein muss.
In gewissen Fachdisziplinen (vor allem in „handwerklichen“ Fachrichtungen) ist Quantität ein wichtiger Faktor für die Ausbildung. Komplikationen korrelieren mit der Anzahl an durchgeführten Eingriffen. Aufgrund der Arbeitszeitreglementierungen ist die Anzahl (hier am Beispiel der Bronchoskopien) um 36% gefallen.
„See one, do one, teach one“ is an old medical maxim. […]many trainees don’t even „see one“.
Zeitdruck um die Routinearbeit zu absolvieren, hindert die Auszubildenden weiters Feedback zu bekommen oder an formalen Ausbildungen teilzunehmen.
Literatur:
Pro-Autoren:
- Andrew Hartle, Präsident der Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland
- Sarah Gibb, Chair der Group if Anaesthetists in Training, Anaesthetists of Great Britain and Ireland
- Andrew Goddard, Registrar des Royal College of Physicians
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