Kürzlich betreute ich eine Patientin die bisher nach jeder ihrer Narkosen erbrochen hat. Dies hat mich veranlasst ein wenig über PONV zu recherchieren und bin dabei auf Leitlinien aus dem Jahr 2014 gestoßen. Hier eine kleine Zusammenfassung.
Risikofaktoren für PONV bei Erwachsenen:
Evidenz | Risikofaktoren |
gesamt postiv | weibliches Geschlecht |
PONV oder Reisekrankheit in der Anamnese | |
Nichtraucherstatus | |
Alter < 50 | |
Allgemeinanästhesie > Regionalanästhesie | |
volatile Anästhetika + N2O | |
Gabe von Opioiden postoperativ | |
Anästhesiedauer | |
Art der OP (CHE, laparoskopisch, gynäkologisch) | |
widersprüchlich | ASA status |
Menstruationszyklus | |
Erfahrung des Anästhesisten | |
Muskelrelaxansantagonisten (Neostigmin) | |
unsicher oder von begrenzter klinischer Relevanz | Migräne |
Angst | |
widerlegt | Magensonde |
Sauerstoffgabe | |
Fettleibigkeit |
neue Informationen aus den Leitlinien:
- Alter unter 50 ist ein signifikanter Risikofaktor für PONV
- Art der OP wird noch immer diskutiert. Neue Hinweise als Risikofaktoren für PONV gibt es für CHE, gynäkologische und laparoskopische OPs.
- Der Beitrag von intraoperativen Opioiden für PONV ist gering, einen Unterschied zwischen den Opioiden gibt es nicht.
- weibliches Geschlecht, PONV in der Anamnese, Nichtraucherstatus und Reisekrankheit und Alter (in dieser Reihenfolge) sind die stärksten patientenspezifischen Prädiktoren.
- Die Verwendung von volatilen Anästhetika, gefolgt von der Dauer der Anästhesie, sind die stärksten anästhesiebezogenen Prädiktoren.
Risikostratifizierung
Simpel ist gut: Der Apfel simplified risk score:
Risikofaktoren | Punkte |
weibliches Geschlecht | 1 |
Nichtraucher | 1 |
PONV in der Anamnese | 1 |
postoperative Opoide | 1 |
Gesamtsumme | 0-4 |
0-1 Punkte: geringes Risiko
2-3 Punkte: mittleres Risiko
>3 Punkte: hohes Risiko
Strategien um PONV Risiko zu reduzieren
- Allgemeinanästhesie vermeiden
- Propofol zur Einleitung und Aufrechterhaltung verwenden
- N2O vermeiden
- volatile Anästhetika vermeiden
- Minimierung der intra- und postoperativen Opioidgabe
- adäquate Hydrierung
neue Informationen aus den Leitlinien:
- subhypnotische Dosen von Propofol in Kombination mit einem Antiemetikum reduzieren die Inzidenz von PONV signifikant (1mg/kg gefolgt von 20 mcg/kg/min + Dexamethason bei Kindern)
- Die Mimimierung von Neostigmindosen wurde als nicht hilfreich bewertet und von der Liste der Strategien zur Risikoreduktion gestrichen
Antiemetika (Auszug)
Wirkstoff | Dosierung | Timing | Kommentar | Rezeptor | Evidenz |
Dexamethason | 4-5 mg
Dosen von > 0,1mg/kg sind eine wirksame Ergänzung um postoperative Opioidverbrauch zu reduzieren |
bei Einleitung | Einzeldosis scheint Wundinfektions-rate nicht zu erhöhen, relative KI bei labilen Diabetikern | A1 | |
Dimenhydrinat | 1mg/kg | antiemetische Effektivität evtl. ähnlich wie Dexamethason, 5HT3 Antagonisten und Dropiredol | H1 | A1 | |
Dropiredol | 0,625-1,25 mg | am Ende der OP | NNT: 5, verlängert QT-Zeit in diesen Dosierungen nicht weiter, gleiche Effekte auf QT-Zeit wie Ondansetron | D2 | A1 |
Haloperidol | 0,5- < 2mg | NNT: 4-6, keine Sedierung bei diesen Dosierungen, keine Arrhythmien berichtet, keine first-line Therapie, | D, muscarinerge, adrenerge | A1 | |
Ondansetron | 4 mg | am Ende der OP | Goldstandard, NNT: 6, NNH von 36 für Kopfschmerzen | 5HT3 | A1 |
Metoclpopramid | 25-50mg | 10 mg sind uneffektiv, je höher die Dosis desto häugiger Dyskinesien oder extrapyrimidale Symptome | D | ||
Clonidin/Dexmetomidin | signifikanter, aber schwacher und kurzzeitiger Effekt | A2 |
Die Effektivität von Antiemetika, die auf verschiedene Rezeptoren wirken, ist additiv.
weitere interessante Informationen
- P6 Stimulation ist gleich effektiv wie Ondansetron, Dropiredol, Metoclopramid, Cyclizin und Prochlorperazin
- die Verwendung von Dropiredol mit einem 5 HT3 Rezepteroantagonisten erhöht das Risiko einer QT Verlängerung nicht
- 2 mg Midazolam 30 Minuten vor Ende der OP reduziert PONV gleich effektiv wie 4 mg Ondansetron
- eine wiederholte Gabe des selben Antiemetikums innerhalb von 6 Stunden ist wahrscheinlich nicht sinnvoll.
- Ondansetron: NNH 36 für Kopfschmerzen, 31 für erhöhter Leberenzyme und 23 für Verstopfung.
- Metoclopramid: NNH für extrapyrimidale Störungen: 140 bei 25 oder 50 mg.
- was hilft nicht: Musiktherapie, intraoperative Magendekompression, Esomeprazol, Inhalierung von Isopropyl Alkohol, Ingwerwurzel, Nikotinpflaster für Nichtraucher, Cannabinoide, hohe FiO2
Behandlungsalgorithmus für PONV.
Die Leitlinen schreiben natürlich auch über PDNV (post discharge nausea and vomiting) und POV bei Kindern. Also sowieso lesenswert.
Literatur:
Consensus guidelines for the management of postoperative nausea and vomiting. Anesth Analg. 2014 Jan;118(1):85-113.